BNetzA senkt Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzbetreiber

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat heute ihre Festlegungen der zukünftigen Eigenkapitalzinssätze für die Elektrizitäts- und Gasnetzbetreiber veröffentlicht. Demnach wurde von ihr für Strom- und Gasnetzbetreiber einheitlich ein Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen von 5,07 Prozent vor Körperschaftsteuer ermittelt. Für Altanlagen wurde ein Zinssatz von 3,51 Prozent vor Körperschaftsteuer festgelegt.

Aktuell betragen die Zinssätze 6,91 Prozent vor Körperschaftsteuer für Neuanlagen und 5,12 Prozent vor Körperschaftsteuer für Altanlagen. Die neuen Zinssätze gelten laut BNetzA ab der vierten Regulierungsperiode. Diese beginnt für die Gasnetzbetreiber im Jahr 2023, für die Stromnetzbetreiber im Jahr 2024.

Für den Zeitpunkt der Festlegung sei, so die BNetzA weiter, entscheidend, dass der Zinssatz Anfang 2022 in die Bestimmung der Erlösobergrenzen der Gasnetzbetreiber und den damit einhergehenden Effizienzvergleich einzubeziehen sei. Die gleichzeitige Festlegung für Strom- und Gasnetze erfolge, weil nicht allein infolge unterschiedlicher Zinssätze aufgrund einer ungleichzeitigen Festlegung ungewollte Lenkungseffekte des Eigenkapitals entstehen sollten und Investitionen bevorzugt im Gasnetz getätigt würden.

Nach den Worten von BNetzA-Präsident Jochen Homann spiegelten die gesunkenen Zinssätze spiegeln das geringere Zinsniveau an den Kapitalmärkten wider. „Investitionen in die Netze bleiben dauerhaft attraktiv. Wir haben Hinweise aus dem Konsultationsverfahren berücksichtigt“, so Homann in einer Pressemeldung. „Gleichzeitig gilt aber: Die Renditen der Netzbetreiber werden von den Netznutzern bezahlt, also Verbrauchern, Industrie und Gewerbe. Diese dürfen nicht unnötig belastet werden.“

Die Entscheidung zur Festlegung der Eigenkapitalzinssätze kann auf der Homepage der Bundesnetzagentur eingesehen werden.

Branchenverbände unzufrieden

Die Festlegungen der Bundesnetzagentur riefen erwartungsgemäß ein geteiltes Echo hervor. Nach Einschätzung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) habe die BNetzA mit der veröffentlichten Absenkung des Eigenkapitalzinssatzes um mehr als ein Viertel ein „völlig falsches Signal gesendet“. In einem gemeinsamen Statement erklärten Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, und Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer:

„Dieser Zinssatz gefährdet die Leistungsfähigkeit der Netzbetreiber und die Investitionen in die Netzinfrastruktur, die für Klimaschutz und Versorgungssicherheit notwendig sind. Daran ändert auch die leichte Anhebung nach dem Konsultationsverfahren wenig. Die Netze sind das Rückgrat der Energiewende. Es ist Konsens, dass sie für das Erreichen der Klimaziele deutlich aus- und umgebaut werden müssen. Ein nachhaltiger Regulierungsrahmen, der Investitionen anreizt, ist daher für den Aus- und Umbau Netze substanziell – und dem wird die Entscheidung der Bundesnetzagentur nicht gerecht.

Die Herausforderungen sind enorm, und das betrifft alle Netzebenen. Die erneuerbaren Energien müssen in den kommenden Jahren massiv ausgebaut werden. Regenerative Erzeugungsanlagen allein bringen nichts, wenn zum Transport der zusätzlichen Grünstrommengen Netze fehlen oder nicht rechtzeitig verstärkt werden.

Zudem wird die Zahl der Elektroautos und Wärmepumpen in den kommenden Jahren exponentiell steigen. Diese müssen gemeinsam mit Millionen von neuen Solar- und Windstromanlagen zeitnah und sicher in das Energienetz integriert werden. Und um Wasserstoff auch für die Wärmewende zu nutzen, muss er von den Erzeugungsanlagen unter anderem in die Heizsysteme der Kunden transportiert und den 1,7 Millionen Industrie- und Gewerbekunden im Gasnetz zugänglich gemacht werden. Unsere heutigen Gasnetze müssen demnach für eine vollständige Dekarbonisierung zügig umgebaut werden. Diese Aufgaben zeigen: Der Investitionsbedarf ist bereits hoch und wird enorm steigen. Die „heiße“ Phase, um unsere deutlich ambitionierteren Klimaziele zu erreichen, beginnt jetzt.

Es ist daher völlig unverständlich, dass die Bundesnetzagentur die intensiven Diskussionen und die wiederholt von der Energiebranche aufgezeigten offenkundigen methodischen Schwächen bei der Berechnung des Zinssatzes ignoriert. Sehr problematisch und inkonsistent ist beispielsweise, dass die Bundesnetzagentur bei ihrer Einschätzung zur Entwicklung der Kapitalmärkte wesentliche Empfehlungen der Europäischen Zentralbank zur Bewertung der künftigen Renditeerwartung von Investoren nicht beachtet hat. Der niedrige Eigenkapital-Zins ist zu wenig Anreiz für Investoren, Netzbetreibern das für die Energiewende erforderliche Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Mit Blick auf den Kapitalmarkt und die steigenden Anforderungen an die Netzbetreiber ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur alles andere als sachgerecht. Und sie passt nicht zu den ehrgeizigen Zielen der Energie- und Wirtschaftspolitik.

Abgesehen von den wissenschaftlich belegten methodischen Schwächen bei der Berechnung der Zinssätze steht für uns fest: Zukunft kann man nicht herbeisparen. Das Risiko für Netzbetreiber steigt insbesondere durch die deutlich angezogenen Anforderungen zur Dekarbonisierung der Energiewirtschaft und den verschärften Ausbaupfad der Erneuerbaren im Strom- und Gassektor. Eine so starke Absenkung des Zinssatzes – im internationalen Vergleich auf einen der niedrigsten Sätze – wird dem in Deutschland zu Recht bestehenden hohen Anspruch an die Netzinfrastruktur nicht gerecht.“

Dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) geht die von der BNetzA festgelegte Senkung nicht weit genug. Robert Busch, Geschäftsführer des bne, kommentierte wie folgt:

„Es ist enttäuschend, dass die Bundesnetzagentur die Chance verspielt, Verbraucher, Industrie und Gewerbe deutlicher zu entlasten. Das Potenzial für eine Absenkung der Eigenkapitalverzinsung wurde bei weitem nicht genutzt. Stattdessen machen überhöhte Netzrenditen den Strom weiterhin unnötig teuer. Gerade in Zeiten steigender Energiepreise muss jeder Spielraum genutzt werden, um staatlich veranlasste oder regulierte Bestandteile beim Strompreis zu reduzieren.

Nach einem Gutachten im Auftrag des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft und des Stromanbieters LichtBlick hätte die Eigenkapitalverzinsung auf 3,79 Prozent für Neuanlagen fallen können. Netz-Investitionen wären auch bei einer wesentlich deutlicheren Senkung noch immer ein lukratives Geschäft für die Betreiber. Über die gesamte Regulierungsperiode gerechnet hätte man die Kunden grob geschätzt um eine Milliarde Euro entlasten können. Stattdessen kassieren nun Monopolunternehmen durch überhöhte Zinsen hohe Zusatzgewinne, ohne dass sich die Möglichkeiten zur Finanzierung von Betrieb und Ausbau der Leitungen dadurch verbessern. Aufgrund der mangelhaften Anreizregulierungsverordnung werden sogar Anreize gesetzt, zu viel und in die falschen Maßnahmen zu investieren“, so Busch.

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