OLG Düsseldorf: Renditen für Strom- und Gasnetzbetreiber zu niedrig festgesetzt

In dem Verfahren um die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) festgelegten Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzbetreiber haben die Beschwerden zahlreicher Energieunternehmen Erfolg gehabt. Wie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf heute in einer Pressemeldung mitteilte, vertrete der 3. Kartellsenat die Auffassung, dass die jüngste Festlegung der Eigenkapitalzinssätze die Marktrisiken nicht hinreichend berücksichtige und deshalb rechtsfehlerhaft zu niedrig bemessen sei. Die BNetzA sei daher verpflichtet worden, die Eigenkapitalzinssätze für die dritte Regulierungsperiode unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzulegen. Wie es von Seiten des OLG Düsseldorf weiter heißt, sei der Beschluss nicht rechtskräftig. Der Senat habe die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung hätten und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienten.

Hintergrund: Mit den Festlegungen vom 05.10.2016 (BK4-16–160 und BK4-16-161) hatte die Beschlusskammer 4 der BNetzA für die Dauer der dritten Regulierungsperiode für Betreiber von Strom- und Gasversorgungsnetzen die Eigenkapitalzinssätze für Neuanlagen von 9,05 Prozent (%) auf 6,91 % und für Altanlagen von 7,14 % auf 5,12 %, jeweils vor Steuern, gekürzt. Ein Prozentpunkt bedeute nach Angaben des OLG Düsseldorf bei der Eigenkapitalverzinsung für die Regulierungsperiode ein Volumen von rund einer Milliarde Euro. Diese Zinssätze würden von den Betreibern als Netzkosten veranschlagt, den Versorgern in Rechnung gestellt und von diesen schließlich an die Endverbraucher weitergegeben. Die Festlegung der Bundesnetzagentur betreffe die Jahre 2018 bis 2022 für Gasnetze und 2019 bis 2023 für Stromnetze (dritte Regulierungsperiode). Gegen die Beschlüsse der Bundesnetzagentur hatten laut dem OLG circa 1.100 Netzbetreiber Beschwerde eingelegt. Der 3. Kartellsenat habe unter der Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Laubenstein in 29 repräsentativen Musterverfahren entschieden.

Wie das Düsseldorfer Oberlandesgericht zum Urteil ausführte, sei der angefochtene Beschluss der Bundesnetzagentur rechtswidrig, da die Höhe des Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse im Sinne des § 7 Abs. 5 StromNEV / GasNEV methodisch fehlerhaft ermittelt und festgesetzt worden sei. Die Frage der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals sei mit Rücksicht auf die erforderliche Investitionsfähigkeit und die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Netzbetriebs zu beantworten. Der Investor für Investitionen, die der Erhaltung und dem bedarfsgerechten Ausbau dienten, müsse auf eine angemessene Rendite vertrauen können. Hierzu gehöre auch eine risikoadäquate Bewertung, also die Einbeziehung der unternehmerischen Risikofaktoren.

Diese habe die BNetzA, so das OLG Düsseldorf, nicht mit einer wissenschaftlich vertretbaren und rechtlich beanstandungsfreien Vorgehensweise ermittelt. Als methodisch fehlerhaft hätten die Sachverständigen, deren Bewertung sich der Senat anschließe, beanstandet, dass die BNetzA die Ableitung der Marktrisikoprämie allein aus historischen Daten vorgenommen habe, ohne dabei die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfeldes zu berücksichtigen. Es sei keine um alternative Bewertungsansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchgeführt worden.

Neben den von der BNetzA maßgeblich genutzten Daten existiere laut dem OLG Düsseldorf eine Vielzahl weiterer Studien. Je nachdem welche Studie herangezogen werde, welche Zeiträume und welche Länder betrachtet würden – ergäben sich engere Bandbreiten von Marktrisikoprämien zwischen 4 % und 6 % und größere Bandbreiten zwischen 3 % und 7 %. Obwohl die Qualität der von der BNetzA benutzten Daten hervorzuheben und deren Verwendung nicht zu beanstanden sei, müsse bei dem auf einer ausgewählten Studie basierenden Analyseergebnis auch die Existenz weiterer Studien und der dadurch ausgewiesenen Bandbreiten in den Blick genommen werden. Nur mit einer Festsetzung am oberen Rand der Bandbreite könne dem infolge der Finanz- und Schuldenkrise ausgelösten Strukturbruch auf den Finanz- und Kapitalmärkten ausreichend Rechnung getragen werden. Mit der Festlegung auf einen einfachen Mittelwert der Bandbreite sei eine schematische Bewertung vorgenommen worden, die der derzeitigen außergewöhnlichen Situation auf den Kapital- und Finanzmärkten nicht gerecht werde, so das Oberlandesgericht Düsseldorf.

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